UA11+ für Präsenzlehre und eine Hochschulimpfkampagne

Foto: Eberhardt/Uni Ulm

Gemeinsame Stellungnahme der Universitätsallianz UA11+

Die Zeit drängt: Um für Universitäten und vor allem für Studierende wieder einen „Normalmodus“ zu erreichen, braucht es Planungssicherheit. Diese kann derzeit nur über einen möglichst umfassenden Impfschutz der Universitätsangehörigen und insbesondere der Studierenden erreicht werden.

Die in der UA11+ zusammengeschlossenen Universitäten Bielefeld, Greifswald, TU Kaiserslautern, Magdeburg, Paderborn, Passau, Potsdam, Universität des Saarlandes, Siegen, Trier, Ulm und Wuppertal haben sich in ihrer letzten Sitzung am 15. Juni mit den präsenzarmen vergangenen anderthalb Jahren sowie mit der Planung für das anstehende Wintersemester befasst. Dabei ist die Diskussion in der Allianz von der tiefen Überzeugung getragen, dass Universitäten neben ihrem Forschungs- und Bildungsauftrag auch eine soziale Verantwortung haben – für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie für ihre Studierenden. Diese Verantwortung umfasst nicht allein die sozial-existenzielle, sondern auch die gesellschaftliche und kulturelle Seite von Universität. Die Hochschulen können zwar weiter regulatorisch Forschung und Lehre organisieren, aber Universität als sozialer Raum, in dem partizipative Praxis und die Entfaltung von Dialogkultur im Miteinander-Gegeneinander eingeübt wird, kann darüber nicht gut und dauerhaft abgebildet werden. Deshalb setzt sich die UA11+ mit Nachdruck dafür ein, dass der soziale Erfahrungsraum, den Universitäten auch bilden, den Studierenden nicht länger vorenthalten wird. Andernfalls riskiert das Wissenschaftssystem, eine ganze Generation Studierender zu verlieren. Ohne die Möglichkeit zum Kompetenzerwerb im lebendigen Diskurs können Potenziale nicht angemessen entfaltet werden. Damit ginge zugleich auch gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit und Innovationskraft verloren.

Hohe Durchimpfungsrate für die Präsenzlehre nötig

Für das kommende Wintersemester ergibt sich daher die Notwendigkeit, auch unter den Bedingungen der anhaltenden Pandemiesituation ein möglichst umfassendes Präsenzangebot und damit eine möglichst umfassende Normalisierung des Universitätsbetriebes zu erreichen. Gerade weil die Pandemie uns mit einiger Wahrscheinlichkeit im Wintersemester weiter begleiten wird, müssen schon jetzt Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen verantwortlichen Präsenzbetrieb der Hochschulen im Wintersemester erlauben. Denn so sehr es den Mitgliedsuniversitäten der UA11+ aus den genannten Gründen am Herzen liegt, Lehrende und Lernende bald wieder in voller Stärke auf ihrem jeweiligen Campus zusammenzuführen, so sehr sind sie nach wie vor auch auf die tatkräftige Mithilfe der Politik auf allen Ebenen angewiesen, damit dies gelingen kann. Letzteres betrifft zum einen das Thema Impfen und zum anderen die geltenden „Corona-Vorsichtsregeln“. Beides hängt eng miteinander zusammen.

Neuere Zahlen zeigen, dass vor allem die noch wenig geimpfte Gruppe der Studierenden zunehmend zu einer vulnerablen Gruppe wird. Ihr Anteil an den Infizierten in der Bevölkerung steigt gerade dramatisch an, wobei die Delta-Variante des Virus in Deutschland dafür derzeit noch nicht einmal ausschlaggebend ist. Politische Impfversprechen und Impfaufforderungen allein genügen nicht. Die Studierenden kommen bei den (Haus-)Ärzten nicht ausreichend durch und die Kliniken, Impfzentren und betriebsärztlichen Einrichtungen als mögliche Partner der Universitäten haben nicht genügend Impfstoff, um eine „Hochschulimpfkampagne“ zu starten.

Genau das aber fordert die UA11+! Die Politik muss explizit eine solche „Hochschulimpfkampagne“ ausrufen, sodass die Mitarbeitenden und Studierenden sich bei den kooperierenden Einrichtungen verlässlich darauf berufen können. Damit einhergehend ist für das betreffende Zeitfenster der Kampagne ausreichend Impfstoff bereitzustellen, wobei die Kosten nicht den Hochschulen aufgebürdet werden dürfen.

Nur wenn schon sehr bald verlässlich damit gerechnet werden kann, dass bis zum Semesterbeginn eine ausreichend hohe Durchimpfung auch der Studierenden erreicht ist, kann ein Präsenzsemester gut geplant werden. Nur dann können vor allem auch die Abstandsregeln entfallen bzw. gelockert werden. Denn klar ist: Müssen in den Hörsälen weiter die derzeit geltenden Abstände eingehalten werden, kann nur rund ein Viertel der Studierenden zurückkommen – rein rechnerisch, trotz des guten Willens der Hochschulverantwortlichen.

Planungssicherheit für Studierende und Hochschulen

Die Zeit drängt: Um für Universitäten und vor allem für Studierende wieder einen „Normalmodus“ zu erreichen, bedarf es eines gewissen Maßes an Planungssicherheit – mit Blick auf die bereits laufenden Fristen für Studienbewerberinnen und -bewerber, auf die Wohnungssuche und ähnliches mehr. Diese notwendige Planungssicherheit ist derzeit nur über einen möglichst umfassenden Impfschutz der Universitätsangehörigen und insbesondere der Studierenden erreichbar. Nur auf diesem Weg kann verbindliche Präsenz verantwortlich gelingen. Testungen allein können auf Dauer und in der Fläche aufgrund des damit verbundenen Aufwands für Universitäten, die organisatorisch schlicht anders funktionieren als etwa Schulen oder große Betriebe, keine praktikable Option sein. Und auch ein Parallelangebot von digitalen und Präsenzlehrveranstaltungen ist kapazitativ nicht dauerhaft zu stemmen.

Die Studierenden haben sehr lange zurückstecken müssen. Sie haben sich solidarisch gezeigt und auf vieles von dem verzichten müssen, was zu ihrer jeweiligen Lebensphase und den altersspezifischen Erfahrungs- und Erlebnisräumen gehört und Teil der beruflichen wie auch der persönlichen Entwicklung ist. Jetzt ist es an der Zeit, ihnen etwas zurückzugeben, indem ihnen ein verbindliches Impfangebot gemacht wird, damit Studium und Lehre im Wintersemester wieder in Präsenz stattfinden können.

Elf Universitäten aus insgesamt acht Bundesländern haben sich im vergangenen Jahr zur Universitätsallianz UA11+/German University Alliance 11+ e. V. zusammengeschlossen. Ziel der Universitätsallianz ist es, die Interessen forschungsstarker und für ihre jeweiligen Regionen strukturbildender mittelgroßer Universitäten gegenüber Politik und Öffentlichkeit deutlich sichtbar zu machen und zu vertreten. Die Gründungsuniversitäten: Bielefeld, Greifswald, die TU Kaiserslautern, Magdeburg, Paderborn (Vorsitz), Passau, Potsdam, die Universität des Saarlandes, Trier, Ulm und Wuppertal.