Keine Studierenden in den Seminarräumen, der Speisesaal der Mensa geschlossen, die Bibliothek nur nach Terminvereinbarung verfügbar – der Campus der Hochschule Biberach (HBC) liegt seit Monaten im Corona-bedingten Dornröschenschlaf. Das betrifft natürlich auch die Campus-Kneipe. Jetzt aber ist wieder Leben in den „Hecht“ eingezogen, wenn auch digital. Beim ersten Kamingespräch der Gesellschaft der Freunde und Absolventen der Hochschule Biberach (GdF) drehte sich alles um den Berufseinstieg. Vier ganz unterschiedliche AbsolventInnen der HBC nahmen an dieser Gesprächsrunde, moderiert von Prof. Jens Winter, Prorektor für Lebenslanges Lernen, und Prof. Martin Schubert, Studiengang Bau-Projektmanagement, teil.
Zum einen Cornelia Schwarz, die erste Absolventin des Studiengangs Bauingenieur Plus. Sie absolvierte parallel zum Studium und im Rahmen des kooperativen Studienmodells eine Ausbildung zur Beton- und Stahlbauerin. „Diese Dualität hat mir beim Start in das Berufsleben auf jeden Fall geholfen. So konnte ich Stück für Stück in die Bauleiterrolle wachsen,“ berichtet sie an diesem Abend. In dieser Position ist sie mittlerweile seit 2018 bei dem Baudienstleistungsunternehmen Implenia tätig. Aus dem hohen Norden schaltete sich Simon Schulze dazu. Er machte 2019 seinen Abschluss in Bau-Projektmanagement und ist aktuell Teamleiter Digitalisierung bei der HafenCity Hamburg. Für Schulze eine logische Weiterentwicklung: „Meine Beteiligung an einem Startup während des Studiums hat mir nicht nur geholfen, die Wirtschaft besser zu verstehen, sondern mir auch einige Türen geöffnet.“ Nicht ganz so weit musste die Verbindung zu Dr. Florian Eggert reichen. Der promovierte Bauingenieur arbeitet in der Entwicklungsabteilung von Liebherr in Ehingen und lebt wieder in seiner Heimatstadt Biberach. Zuvor hat er an der Hochschule Biberach sein Bachelor- und Master-Studium Bauingenieurwesen abgeschlossen. Vierter Gesprächspartner im Bunde war Prof. Claus Nesensohn. Auch er hat nach seiner Zimmermannslehre Bau-Projektmanagement an der HBC studiert und sich nach seinem Master für die Promotion in Liverpool entschieden. Mittlerweile lehrt er an der Hochschule für Technik in Stuttgart und hat eine eigene Beraterfirma im Bereich Lean Management.
Alle vier sind sich direkt zum Einstieg des Gesprächs einig: Die Digitalisierung, die durch Corona noch einmal erheblich beschleunigt wurde, hat ihre Arbeitswelt deutlich verändert. „Wenn mir vor 10 Jahren zu meinem Abschluss jemand gesagt hätte, dass die Bauwelt heute so aussieht, hätte ich es vermutlich nicht geglaubt,“ lacht Eggert. Er sei froh zu sehen, dass sich auch das Studium dementsprechend weiterentwickelt habe. Sei es zu seiner Studienzeit noch recht exotisch gewesen, sich mit digitalen Lösungen zu befassen, spiele BIM – Building Information Modeling – heute an der Hochschule Biberach eine zentrale Rolle. So würden die Studierden optimal auf die Arbeitswelt vorbereitet. Schulze dreht diesen Gedanken weiter: „Ich hoffe fast, dass es meinen Job so in einigen Jahren nicht mehr geben muss, weil das Thema Digitalisierung einfach als etwas Selbstverständliches erkannt wird.“ Bis dahin sei es aber gerade bei der etwas schwerfälligeren öffentlichen Hand noch ein langer Weg, obwohl die Notwendigkeit definitiv erkannt worden sei.
Das beobachtet auch Claus Nesensohn, wobei sich der Professor gerade seitens der Studierenden und AbsolventInnen noch mehr Offenheit wünscht. „Ich erlebe es immer wieder, dass junge Menschen Themen wie Lean Construction kritisch gegenüberstehen, weil sie sich in der Phase des Berufseinstiegs negativ von älteren Mitarbeitern in den Unternehmen beeinflussen lassen, obwohl sie es im Studium eigentlich anders gelernt haben. Deshalb ist mir wichtig, meinen Studierenden die Wichtigkeit dieses Themas mit auf den Weg zu geben.“ Diesen Eindruck kann auch Schwarz bestätigen: „Ich bin froh darum, dass ich im Studium erste Berührungspunkte zu BIM und Lean hatte, bevor ich auf Kollegen gestoßen bin, die unbedingt auf traditionelle Weise planen wollten.“ Die in der Ausbildung erworbenen praktischen Erfahrungen hätten ihr in solchen Fällen im Berufsalltag das nötige Selbstbewusstsein gegeben, sich behaupten zu können.
Alle vier Alumni bestätigen an diesem Abend, dass die Kontakte, die sie an der HBC knüpfen konnten, über das Studium hinaus von Bestand sind – sowohl beruflich als auch privat. Eggert betont deshalb die Wichtigkeit des Netzwerkens: „Die Bauwelt ist überschaubar, ein bisschen ist es wie eine große Familie. Grundsätzlich hat man es deshalb häufig mit den gleichen Menschen zu tun.“
Im Austausch mit ihren Alumni zu bleiben, das ist auch der Hochschule Biberach und ihrem Förderverein ein Anliegen. Alle Fakultäten der HBC finden in den GdF-Abteilungen ihre Heimat. Und so sind weitere Kamingespräche mit AbsolventInnen aus allen Studiengängen geplant – dann vielleicht auch wieder im realen Hecht.